Berichte von 04/2016

28April
2016

Fußball-Kuriositäten

Da ich bereits in meiner kurzen Zeit hier in Tansania viele Kuriositäten rund um den hiesigen Fußball erlebt oder aus erster Hand gehört habe, will ich euch auch daran teilhaben lassen. Einige Geschichten würde ich wohl selbst kaum glauben, wenn ich nicht dabei gewesen wäre.

Im Stadtzentrum von Mwanza liegt eine große freie Fläche, umringt von einigen Stufen, auch Tribünen genannt. Die FIFA hat sich dazu bereit erklärt dort auf eigene Kosten einen Fußballplatz bauen zu lassen – also ein Geschenk an das Land, die Stadt und die fußballverrückte Bevölkerung. Die Regierung erhebt allerdings auf alle Importe und sogar Spenden Steuern. Auch in diesem Falle wollte die Regierung das Geschenk der FIFA besteuern. Ergebnis: Die FIFA nimmt ihr Angebot zurück und es bleibt ein ungenutztes Stück Land inmitten der Stadt. Geschenk abgelehnt! Muss man nicht verstehen…

  

 

Am letzten Wochenende habe ich ein Fußballspiel zweier Mädchenmannschaften von von uns unterstützten Fußballakademien besucht.  Etwa 200-300 Zuschauer waren vor Ort und trotzdem war es unnötig, dass vier Schiedsrichter das Spiel leiteten. Schließlich geht es in der Liga um nichts mehr als Spaß. Schon gar nicht um Geld. Somit hätte man sich das Geld für drei Schiedsrichter sicher sparen können. Vor allem wenn man sich den Spielverlauf ansieht. Die Linienrichter standen nie auf der Höhe und Abseitsentscheidungen wurden somit willkürlich getroffen. Lassen wir alles vorherige mal beiseite, denn schließlich geht es beim Fußball um Tore. Leider trafen die Schiedsrichter auch hier fatale Fehlentscheidungen, denn zwei klare Tore wurden nicht gegeben. Der einfache Grund ist: Die Tore haben keine Netze. Trotzdem war es wohl für alle Zuschauer ersichtlich, dass die beiden Schüsse ihr Ziel trafen, nur für die Schiedsrichter nicht. Während wir in Deutschland also über die Torlinientechnologie diskutieren, braucht es hier vor allem zwei andere wesentliche Elemente: Tornetze und aufmerksame Schiedsrichter…zumindest einen! Diskussionen um Schiedsrichterentscheidungen gibt es jedenfalls weltweit.

Der ortsansässige Fußball-Erstligist ist Toto Africa. Am vorletzten Wochenende konnte Toto als vermeintlicher Abstiegskandidat sensationell einen der Titelfavoriten, Simba SC, mit 1:0 besiegen. Ein bisschen Glück und viel Zeitspiel trugen ihr übriges dazu bei. Der Torwart von Toto erhielt beispielsweise schon nach 25 Minuten beim Stand von 0:0 eine Gelbe Karte wegen Zeitspiels. Während Toto sich nun der größten Abstiegssorgen entledigt hat, wurde Simba von der Tabellenspitze verdrängt. Im Anschluss an das Spiel bekamen alle Toto Spieler vom Präsidenten des nächsten Gegners und neuen Tabellenführers eine großzügige „Siegprämie“. Zudem hat der Leiter des Spielercamps, in welchem alle Spieler zusammen leben, angekündigt den Spielern kein Essen mehr zur Verfügung zu stellen, da er großer Fan des nächsten Gegners ist. Da darf man gespannt sein, wie das Spiel am Samstag ausgeht.

Gestern habe ich mir das Training von Toto angeschaut, welches von zwei weiteren Freiwilligen der Charity geleitet wurde.  Währenddessen hatte ich Zeit für einen kleinen Austausch mit dem eigentlichen Trainer. Unter anderem zeigte er stolz auf den neuen Benzinrasenmäher mit welchem der Platz im Stadion gemäht wird. Mit diesem Mäher könne man den Rasen in „nur“ 2 Tagen komplett mähen…wenn gerade Geld für Benzin vorhanden ist.

27April
2016

Öffentliche Verkehrsmittel

Inzwischen bin ich über eine Woche in Mwanza. Die Stadt ist zu größten Teilen erkundet, alle wichtigen Personen und zu unterstützenden Fußballakademien habe ich kennen gelernt und die ersten Trainings sind abolviert. Aktuell unterstützt die Football Charity drei Fußballakademien in Mwanza. Diese Akademien werden hauptsächlich durch Sachspenden, Trainings und Schulungen der Trainer unterstützt. In nächster Zeit wird allerdings eine Umstrukturierung stattfinden, über welche ich euch in einem der kommenden Beiträge informieren werde.

Eine besondere Erwähnung verdienen die öffentlichen Verkehrsmittel in Mwanza. Es gibt die Möglichkeiten per Dala Dala (Bus), Piki Piki (kleines Motorrad) oder Taxi von A nach B zu kommen.

Der Dala Dala ist ein individuell gestalteter und meist schon in die Jahre gekommener Kleinbus, welcher Platz für 15 Leute bietet. Oft werden aber auch mehr mitgenommen. Unser Rekord liegt bei 28 (!!!) Personen. Eine durchschnittliche Fahrt kostet umgerechnet etwa 20 Cent.

Piki Pikis sind kleine Motorräder. Für umgerechnet etwa 90 Cent wird man an sein Ziel gefahren. Natürlich ohne Helm und auf löchrigen Straßen, matschigen Feldwegen oder Hügeln, welche mich selbst zu Fuß oder mit dem Fahrrad vor eine Herausforderung stellen würden. Dazu kommt ein reger Verkehr, welcher scheinbar keinen Regeln folgt. Eine Piki Piki-Fahrt ist also permanent mit einem emotionalen Pendel verbunden, welches zwischen absoluter Freiheit und Todesangst hin und her schwappt. Trotzdem kommt man immer irgendwie an sein Ziel.

20April
2016

Ankunft in Tansania

Freitag, 15.04.2016, 3:30 Uhr: Ankunft in Dar Es Salaam. Mein erstes Wochenende in Tansania verbrachte ich zusammen mit den anderen Freiwilligen in der größten Stadt des Landes, Dar Es Salaam. Zunächst standen Treffen mit einem Mitglied der nationalen Basketball Föderation und dem bekanntesten Sportreporter Tansanias an (die Fußballverrücktheit in Tansania lässt sich exemplarisch an der Namensgebung der Kinder des Sportreporters ablesen: Marta und Solskjaer. Zur Erklärung: Marta - brasilianische Fußball-Nationalspielerin und Ole Gunnar Solskjaer - ehemaliger norwegischer Nationalspieler und Champions League Sieger 1999 mit Manchester United. Da hatte der Sohnemann wohl Glück, dass er kein Ole Gunnar geworden ist ;-).

Am Samstag stand der Besuch eines Tanzanian Premier League Spiels (erste Fußballiga in Tansania) im Nationalstadion Tanzania auf dem Programm. Der verkauf der Tickets aus einem von zwei Soldaten bewachten Minibus vor dem Stadion war doch zunächst ungewöhnlich. Das Spiel erinnerte letzlich eher an einen lauen Regionalliga-Kick. Auch wenn das Stadion kaum halb gefüllt war, trugen die trommelnden, tanzenden und singenden Fans zu einer fröhlichen Atmosphäre bei, welche an die WM 2010 in Südafrika erinnerte. 

Sonntag ging es per Inlandsflug nach Mwanza. Natürlich mit Verspätung. Ein Sprichwort besagt schließlich: Europäer haben Uhren, Afrikaner haben Zeit. Auf dem Weg vom Flughafen zum Freiwilligenhaus und bei der Stadtbesichtigung am nächsten Tag war ich dann doch überrascht über die große Armut vor Ort. Man kann sich noch so gut vorbereiten, wenn man noch nie in solchen Regionen war, ist die Armut die einem begegnet erdrückend. Wie kann es solche Häuser, Straßen, Müllberge und Leiden auf dieser Welt noch geben? Das Leben der Tansanier ist nach meinen ersten Eindrücken von Korruption und Voodoo-Zauber geprägt. Korruption, okay. Auch wenn man es nicht zugeben will, aber das haben wir in Europa auch, aber Voodoo-Zauber??? Wie kann es sein, dass eine ganze Fußballmannschaft dem Rat eines Quacksalbers Folge leistet und trotz Trainings in brütender Hitze kein Wasser zu sich nimmt? Vieles versteht man als Europäer einfach nicht. Muss man vielleicht auch nicht. 

Ich musste schnell einsehen, dass hier keine großen Veränderungen möglich sind. Sind sie denn nötig? Schließlich scheinen die meisten Tansanier glücklich zu sein und selbst in schwierigsten Situationen ein Lächeln auf den Lippen zu haben. In jedem Falle sind viele Leute hier für Fußball und andere Sportarten zu begeistern.

 

Kuriosität des Tages: Korruption spielt leider auch im Fußball eine große Rolle. In der zweiten tansanischen Fußballliga fallen in der Regel eher wenige Tore. 0:0, 1:0, 2:1...das sind die Standardergebnisse. Am letzten Spieltag der vergangenen Saison musste der Tabellenzweite ein Tor auf den Tabellenersten aufholen. Der Tabellenführer gewann sein Spiel 7:0. Das Spiel des Verfolgers wurde etwas später angepfiffen und endet wie? Richtig! 8:0.

 

In den nächsten Tagen werde ich einen ersten Einblick in die laufenden Projekte der Charity bekommen und euch darüber, Mwanza und meine Lebensbedingungen berichten. 

Für Fragen und Anregungen bin ich natürlich immer offen.

13April
2016

Bachelor und dann?

Vor etwa vier Jahren erschien im Informationsheft des Nachwuchsleistungszentrums des 1. FC Union Berlin ein kleiner Artikel mit der Überschrift "Abitur und dann?". Marco,der damalige FSJler, beschrieb darin, dass er mit dem Freiwilligen Sozialen Jahr bei seinem Heimatverein die nach der Schulzeit gewonnene Freiheit optimal nutzen könne. Als riesiger Fußballfan und eingefleischter Unioner sei es für ihr das Größte zwischen Schule und Studium seinen Herzensverein unterstützen zu können.

Ein siebensemestriges Studium der Betriebswirtschaftslehre inklusive Auslandssemester auf Zypern und Praktikum bei VfL Wolfsburg später, stand ich also vor derselben Frage: Was fange ich mit der neugewonnenen Freiheit an?

Die Arbeit mit und für die "Fußballgötter" vom 1.FC Union, das Miterleben des Deutschen Pokalsieges und Supercupsieges 2015 beim VfL Wolfsburg und die unvergessliche Zeit im Zuge meines Auslandssemesters auf Zypern ließen mich schließlich zu dem Schluss kommen: Es muss was mit Fußball sein. Und Reisen! Ja, das mag ich...

Auf meiner Suche bin ich schließlich auf die Football Charity Mwanza in Tansania gestoßen. Das Ziel der Oragnisation ist es möglichst vielen Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben ihrer größten Leidenschaft, dem Fußball, nachzugehen. Im Rahmen verschiedener Projekte werden unter anderem lokale Vereine unterstützt, Talente speziell gefördert, Trainer ausgebildet, Mädchenfußball gefördert und Infrastrukturen geschaffen um den jungen Tansaniern neben dem Spaß am Fußball und somit der Ablenkung vom nicht immer einfachen Alltag auch weiterführende "Life-Skills" nahe bringen zu können.

Am 14. April geht es für mich über Istanbul nach Tansania.

In den nächsten Wochen werde ich euch hier über Tansania, den dortigen Fußball, meine Projekte, und vieles Weitere informieren. Ich freue mich über zahlreiche Leser und Kommentare und hoffe euch mit meinen Beiträgen zum schmunzeln und nachdenken zu bringen.